Und sie läuft doch!

Was war das gestern für ein erfolgreicher Tag!

Ich hatte die leise Hoffnung, dass es für einen Probelauf des Motors ausreichen könnte, allerdings war dazu noch einiges zu erledigen, was sich im Laufe des Tages als noch mehr herausstellte, als ich ohnehin befürchtet hatte:

Zunächst mussten die kompletten Benzinschläuche erneuert werden - nach dem (vermeidbaren) Desaster mit den Benzinhähnen wollte ich mir ein weiteres ersparen.

Mit einiger Wahrscheinlichkeit hätten die originalen sogar noch gehalten, ich habe jedenfalls nirgends den Hauch einer Undichtigkeit gefunden - Yamaha hat bei diesem Modell bis auf wenige (dafür gravierende) Stellen nur sehr gutes Material verbaut.

Um das ganze leichter umsetzen zu können, habe ich mir am Abend zuvor einen Plan gezeichnet, quasi wie ein Schaltschema, nur eben ohne Elektrik und dafür mit Schläuchen, Ihr wisst schon, was ich meine. Folgendermaßen sah das aus, falls es sich jemand nachbauen möchte:

   

          

 

 

 

 

ich habe für das ganze etwa einen Meter 6mm-Benzinschlauch verwendet (besser zu viel aus zu wenig, kürzen kann man immer noch), außerdem einen Haufen 6mm-Benzinschlauchklemmen mit Schraubenköpfen, die sowohl per Steckschlüssel als auch per Kreuz/Schlitzschraubenzieher zu öffnen sind (das dürfte sich als hilfreich erweisen). Außerdem ein T- und ein Y-Stück.

 

Die Filter zwischen den Benzinhähnen und der Pumpe sind wahrscheinlich nicht unbedingt nötig, da die Benzinhähne selbst über Filtersiebe verfügen. Ich gehe aber gern auf Nummer sicher, also habe ich zwei zusätzliche verbaut, die obendrein aufgeschraubt und gereinigt werden können. Alternativ können auch die Filtereinsätze darin ausgetauscht werden. Außerdem lässt sich an dieser Stelle natürlich jederzeit leicht feststellen, ob eventuelle Start- oder Laufprobleme mit verstopften Filtern zusammenhängen. Insgesamt ist das alles deutlich praktischer als die ursprüngliche Konstruktion, zumal es sich auch bei den Schläuchen jetzt um Fabrikate handelt, die schlechten Sprit deutlich besser vertragen als die alten, die vermutlich nicht einmal E10 standgehalten hätten (was keine Aufforderung sein soll, diesen Mist zu tanken - der nützt weder irgendeinem Verbrennungsmotor noch der Umwelt, wenn man an die Monokulturen und die Regenwaldabholzung denkt, die dafür nötig sind. ) Zurück zum Thema:

 

 

Hinter dem Begriff "Sensor" verbirgt sich eine über hydrostatischen Druck einen Schwimmerstand simulierende Tankanzeige, die diesen Wert an eine ganz normale Benzinuhr weitergibt. Die Anzeige habe ich noch nicht eingebaut, aber den Abzweig schonmal gelegt und verschlossen. Die XTZ hat leider - wie viele Motorräder dieser Baujahre - nur einen Reservehahn und sonst nichts weiter. Ich mag das nicht. Also rüste ich nach. Zwar bin ich kein großer Freund unnötiger Elektrik, aber das hier ist meiner Meinung nach sinnvoll. Ich werde berichten, wenn ich das System verbaut habe. Hoffentlich hält es, was es verspricht.

 

Ein bisschen stolz bin ich auf meine Konstruktion schon. Für noch größere Sicherheitsfanatiker als mich hier noch ein Erweiterungsvorschlag: Da nicht völlig auszuschließen ist, dass - wodurch auch immer - die "Off"-Schaltung der Benzinhähne nicht doch mal versagt (und die Benzinpumpe dazu - wir erinnern uns, die öffnet nur auf Unterdruck!) und bei Standzeit vielleicht doch Sprit im Schlauchsystem - oder schlimmstenfalls in den Vergasern - verharzt, könnte man eine zusätzliche Ebene einbauen: Einen Absperrhahn zwischen Benzinpumpe und Vergasern mit einem zusätzlichen Filter. Ich halte das nicht für unbedingt notwendig, aber das sieht jeder unterschiedlich. Das schöne ist, dass sich an diesem System jederzeit leicht Eingriffe vornehmen lassen. Schlauchklemmen öffnen, Schlauchstück abziehen, fertig. Bitteschön.

Kommen wir zum nächsten Schritt auf dem Weg zum Probelauf: Der Elektrik. Dieses Thema ist nicht unbedingt eins der besten der XTZ. Zum einen war in den Modellen bis etwa 1993 ein zu klein dimensionierter Spannungsregler verbaut, der häufig überhitzte und dadurch im schlimmsten Fall zur Zerstörung von Batterie, Lichtmaschine und Steuergerät führte. Bei meiner Maschine ist das offensichtlich geschehen - wir erinnern uns an die ominöse Brotdose. Offenbar hat der Spannungsregler das Steuergerät zerkocht, woraufhin der damalige Besitzer das Steuergerät aufbrach, die defekten Teile austauschte und alles neu verlötete. Er war in der Hinsicht gründlich, dass die gesamte Elektrik tadellos funktioniert. Die Hülle ist allerdings fragwürdig.

 

Ein weiteres Elektrikproblem verbirgt sich im fehlenden Sicherungskasten. Für die ganze Maschine ist nur eine einzige Glassicherung in er Hülle am Batteriespanngummi vorgesehen. Dem werde ich auch noch zu Leibe rücken, ein vernünftiger Sicherungskasten darf schon sein.

 

Zu guter letzt sei noch erwähnt, dass die Lichtausbeute der Scheinwerfer - bei Motorrädern ohnehin nicht gerade vorbildlich - eher einer Tranfunzel ähnelt. Offenbar liegt das an zu dünnen Leitungen mit zu hohem Widerstand. Der Spannungsabfall beträgt etwa 1V. Also eine ganze Menge. Auch hier muss ich nochmal ran.

 

Mein ganz persönliches Problem waren aber angegammelte Kabel - das der Sicherung hatte zwei Brüche, das Plus-Kabel der Batterie einen. Beides ließ sich zum Glück reparieren - aber ganz ehrlich, hier habe ich schon Hilfe gebraucht. Natürlich kann ich Kabel isolieren, kürzen, neue Stecker mit Quetschverbindern etc verbauen und ich habe auch schon elektronische Drosseln und LED-Blinker mit Relais an Motorrädern selbst verbaut. Löten habe ich aber noch nicht so ganz raus, also habe ich mir Unterstützung geholt.

 

Nachdem diese Probleme behoben waren, musste ich nur noch etwa 2l Öl nachfüllen (10W40), die ich hatte ablassen müssen, weil ich sonst die Schwinge nicht hätte einbauen können, der Schlauch war im Weg.

 

Und hier kommt mein Fehler, der beinahe zu erheblicher Mehrarbeit geführt hätte: Beim Anschließen der Starterbatterie habe ich vergessen, dass ich sie noch einmal umgedreht hatte und dementsprechend + und - vertauscht. Die Sicherung ist gut warm geworden, so viel kann ich sagen! Glücklicherweise nicht durchgebrannt! 

Danach noch schnell ein Spritfläschchen anstelle eines Benzinhahns angeschlossen und den anderen Ausgang verschlossen und los ging's.

 

Zündung an, Choke ziehen, schauen ob der Motor dreht. Er drehte. Das war schon die erste Erleichterung. Kein defektes Steuergerät, keine defekten Zündspulen oder ein kaputter Anlasser.

 

Wie zu erwarten, kam da aber erstmal nicht mehr. Abundzu eine Zündung und das war's vorläufig. Also Trick 17, etwas Bremseinreiniger in den Luftfilterkasten sprühen. Und DA war sie! Spucken, knallen, Anlasser drehen und dann Donnern und Dröhnen wie das nur ein Zweizylinder ohne Kat und mit undichtem Auspuff kann.

Ganz ehrlich, ich hätte heulen können vor Freude. Die ganze Arbeit, die vielen Stunden, alles, was schon in diesem Projekt steckte, nichts davon war umsonst und meine Arbeit am Motor war offensichtlich auch in Ordnung.

Mit Choke und Gas lief sie sogar einigermaßen rund. Nach mindestens neun Jahren Standzeit und über 70000 Kilometern miserabler Pflege (Schande über jeden ihrer Vorbesitzer!) sprang sie doch wieder an!  Wenn das nicht solides Handwerk der Yamaha-Ingenieure ist, dann weiß ich auch nicht.

 

Das sind die Momente, in denen ich diese Projekt liebe. Das war die ganzen Ärgernisse zwischendurch mehr als wert. Und es wird noch viele weitere wert sein. Es ist eben etwas ganz anderes, sich sein Motorrad selbst wieder aufzubauen.

 

Hier ein - zugegeben kurzes - Video, das will ich Euch ja nicht vorenthalten: